Freiheiten!

(und Pflichten)

Freiheiten und Pflichten

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In einem Rechtsstaat wie der Schweiz hat jeder Bürger bestimmte Freiheiten, aber auch Pflichten. Diese Rechte und Pflichten sind in der Bundesverfassung verankert und bedingen sich oft gegenseitig. Klicken Sie auf die Bilder um mehr zu einem Thema zu erfahren.

Hinweis: Die Beschreibungen zu den einzelnen Bildern wurden aus dem Lehrmittel "Der Staat - Politisches Grundwissen" übernommen. Klicken Sie auf die Fotos um mehr zu erfahren!

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Das Bürgerrecht

Einige Rechte gelten nur für Personen mit dem Schweizer Bürgerrecht. Das Schweizer Bürgerrecht bekommt derjenige,

  • dessen Elternteil ein solches besitzt.
  • der ein Gesuch stellt und mindestens 12 Jahre in der Schweiz gewohnt hat und alle weiteren Kriterien erfüllt (Integration, Strafregister).
  • der ein Gesuch auf erleichterte Einbürgerung stellt und die Kriterien erfüllt (Heirat mit einem Schweizer / Schweizerin, Aufenthaltsdauer…).

Eine Person kann das Bürgerrecht wieder verlieren, beispielsweise durch schwere Straftaten oder freiwilligen Verzicht, aber nur, wenn sie dadurch nicht staatenlos wird.

Politische Rechte

Durch die politischen Rechte haben die Bürger der Schweiz die Möglichkeit, die Politik aktiv mitzugestalten. Diese Rechte gelten jedoch nur für volljährige und urteilsfähige Personen, welche das Schweizer Bürgerrecht besitzen. Mehr zu den politischen Rechten erfahren Sie hier. Bei den drei politische Rechten ist garantiert, dass man seine Stimme im geheimen abgeben darf, es sei denn, dass die kantonale Regelung etwas anderes vorsieht. (Bei der öffentlichen Landsgemeinde in Appenzell Innerrhoden wird die Abstimmung beispielsweise nicht im geheimen durchgeführt.)

Staatsbürgerliche Rechte

Auch die staatsbürgerlichen Rechte gelten nur für Schweizer:

Grundrechte

Auf die Grundrechte darf sich jede Person berufen, denn es sind die fundamentalen Freiheiten und Rechte jedes Menschen. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass diese Rechte eingehalten werden. Doch die Grundrechte können vom Staat auch eingeschränkt werden, wenn dies im öffentliche Interesse geschieht, zum Beispiel das Einschränken der Bewegungsfreiheit von Kriminellen. Gegen jedes Gesetz, dass die Grundrechte einschränkt, darf das fakultative Referendum ergriffen werden.

Einschränkung der Grundrechte

Da die Freiheiten der einzelnen Person ihre Grenzen bei der Freiheit der anderen Personen findet, sind die in der Verfassung garantierten Grundrechte nicht absolut und können oder müssen teilweise eingeschränkt werden.



Einschränkungen:

  • Grundrechte dürfen nur durch formelle Gesetze eingeschränkt werden, wogegen ein fakultatives Referendum ergriffen werden kann.
  • Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. Dies sind die Teile des Rechts welche keinen Eingriff dulden (Respekt der Menschenwürde oder absolutes Folterverbot sind unantastbare Kerngehalte für die persönliche Freiheit).
  • Die Einschränkungen müssen verhältnismässig sein, also zur Erreichung eines Zieles dienen. Die staatlichen Massnahmen müssen somit auch geeignet sein, dieses Ziel zu erreichen (Freiheitsentzug für schwer Verbrecher, um die Gesellschaft vor rückfälligen Verbrechern zu schützen). Diese Eingriffe müssen aber immer möglichst gering ausfallen.
  • Einschränkungen müssen im öffentlichen Interesse liegen. Dabei wird in zwei Arten unterschieden:
    • Das allgemeine Interesse welches eine Reihe von sogenannten Polizeigütern umfasst (z.B. Ordnung, Sicherheit, Gesundheit, Sitte usw.). Es enthält aber auch soziale, kulturelle, geschichtliche, ökologische und wissenschaftliche Werte.
    • Das Interesse meiner Rechtspartner. Heisst, dass mein recht dem Recht des andern gegenübergestellt werden muss.


Diese Einschränkungen sind aber nicht auf alle Grundrechte gleichermassen anwendbar, sondern im Wesentliche auf die Individualrechte (Recht auf Ehe und Familie, Glaubens- und Gewissensfreiheit usw.). Nicht um Einschränkungen handelt es sich bei "Rechtsgleichheit", "Treu und Glaube". Nicht beschränken kann man "Willkürverbot", "unparteiische und unabhängige Richter", "Anspruch auf Grundschulunterricht". Bei "Hilfe in Notlage" handelt es sich um Voraussetzungen, welche für die Beanspruchung des Rechtes erfüllt sein müssen.

Ausbau der Grundrechte

Immer wieder wird über den Ausbau der Grundrechte diskutiert. Warum schützen unsere Grundrechte nur das Individuum vor dem Staat (sogenannte bürgerliche Menschenrechte), garantieren ihm aber keine einklagbaren Ansprüche an den Staat (soziale Menschenrechte, z.B. Recht auf Wohnung, Recht auf Arbeit)? In der Schweiz fordern insbesondere linke Parteien immer wieder auch diesen (moderneren) Typ der Menschenrechte. Im Sinne eines Kompromisses hat man vor einigen Jahrzehnten deshalb sogenannte "Sozialziele" in der Bundesverfassung festgehalten. Allerdings sind diese nicht vor Bundesgericht (oder vor dem Europäischen Gerichtshof) einklagbar. Denn insbesondere auf rechter Seite befürchtet man, dass einklagbare soziale Menschenrechte einerseits den Staat stärken, andererseits die bürgerlichen Menschenrechte schwächt. Ein mögliches Beispiel: Wäre das Recht auf Arbeit einklagbar, dann müsste ja der Staat entweder Arbeitsplätze schaffen, welche die Arbeitslosen dann anzunehmen hätten. Dies bläht den Staat auf und schmälert die Gewerbefreiheit der Arbeitslosen. Oder der Staat müsste die Betriebe zwingen, Arbeitslose anzustellen. Dies würde die wirtschaftliche Freiheit der Betriebe ganz massiv tangieren.

Pflichten

Damit der Staat die Rechte des Einzelnen sicherstellen kann, braucht es auch Pflichten, die der Bürger erfüllen muss. Die Pflichten stehen über den Rechten, kein Recht befreit einem von der Pflicht. Man kann auch sagen, dass eine Pflicht eine Einschränkung der persönlichen Freiheit ist.

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Stimm- und Wahlrecht

Mehr zum Stimm- und Wahlrecht und den anderen politischen Rechten findest du auf dieser Seite.

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Initiativrecht

Mehr zum Initiativrecht und den anderen politischen Rechten findest du auf dieser Seite.

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Referendumsrecht

Mehr zum Referendumsrecht und den anderen politischen Rechten findest du auf dieser Seite.

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BV 24: Niederlassungsfreiheit

BV 24 garantiert ausdrücklich nur den Schweizerinnen und Schweizern das Recht, sich an irgendeinem Ort des Landes niederzulassen und aus der Schweiz aus- und jederzeit ungehindert wieder einzureisen. Daraus ergibt sich, dass Gemeinden und Kantone einerseits verpflichtet sind, Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu gestatten, sich auf ihrem Hoheitsgebiet niederzulassen. Andererseits ist es den Gemeinwesen untersagt, den Wegzug in eine andere Gemeinde oder in einen anderen Kanton zu verhindern oder zu erschweren.

Einschränkungen

  • Ausländerinnen und Ausländern steht dieses Recht erst zu mit der Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Ausweis C).
  • Den der Asylgesetzgebung unterworfenen Ausländerinnen und Ausländern steht die Niederlassungsfreiheit nicht zu.
  • Beamtinnen und Beamte sowie Lehrerinnen und Lehrer können verpflichtet werden, in jener Gemeinde zu wohnen, in deren Dienst sie stehen.
  • Man muss sich innerhalb einer bestimmten Frist am neuen Wohnort anmelden. (Die Frist ist kantonal geregelt, im Kanton Luzern z. B. innert 10 Tagen.)
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BV 25: Schutz vor Ausweisung, Auslieferung, Ausschaffung

1. Ausweisung bedeutet:

Der Staat (ein Gericht) verpflichtet eine Person verbindlich, die Schweiz zu verlassen. Die Ausweisung ist regelmässig mit einem Rückkehrverbot verbunden. Es steht der Verwaltung aber frei, zu einem späteren Zeitpunkt eine Einreise wieder zu bewilligen.
Einschränkung
Schweizer Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht aus der Schweiz gewiesen werden.

2. Auslieferung bedeutet:

Eine ausländische Behörde ersucht die Schweiz, ihr eine Person aufgrund einer Strafverfolgung oder für den Strafvollzug auszuliefern.
Einschränkungen
- Gernäss Rechtshilfegesetz darf eine Auslieferung nur erfolgen, wenn Gewähr besteht, dass ein allfälliges Todesurteil nicht vollstreckt wird. - Die Auslieferung straffälliger Personen mit Schweizer Bürgerrecht darf nur mit dem Einverständnis der betroffenen Person erfolgen. Gernäss StGB 6 werden straffällige Schweizerinnen und Schweizer, welche in der Schweiz für eine im Ausland begangene Tat verfolgt werden, in der Schweiz abgeurteilt und verbüssen hier ihre Strafe, sofern die Tat auch in der Schweiz strafbar ist.

3. Ausschaffung

...ist der zwangsweise Vollzug einer Ausweisung. (Bei Avsschaffung in denjenigen Staat, aus dem die Person in die Schweiz eingereist ist, spricht man von Rückschaffung.)
Einschränkungen
- Die Rückschaffung ist dann verboten, wenn einer Person Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. - Flüchtlinge dürfen nicht in ein Land zurückgeschafft werden, in dem sie anschliessend verfolgt werden.

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BV 7: Menschenwürde

Dieser Artikel garantiert den Respekt und den Schutz der Menschenwürde und soll jeden Menschen vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung schützen. Der Schutz der Menschenwürde ist Kern- und Anknüpfungspunkt für andere Grundrechte. Daher wird die Menschenwürde bei den Grundrechten als Erstes genannt.

Ausdruck der Menschenwürde sind z.B.:

  • Gerichte müssen ihre Urteile begründen.
  • Bei der Ausübung der politischen Rechte haben alle Stimmen das gleiche Gewicht.
  • Jedermann hat Anspruch auf ein schickliches Begräbnis.
  • Ein Gefängnisreglement muss gewissen Mindestanforderungen genügen. So muss Gefangenen ein Spaziergang gewährt werden, Besuche müssen erlaubt sein, Gefangene müssen die Möglichkeit haben, Briefverkehr zu haben usw.
  • Betroffenen muss das rechtliche Gehör gewährt werden, bevor über den Eingriff in die Rechte eines Menschen entschieden wird.

Einschränkungen

  • Man darf die Menschenwürde höchstens zur Durchsetzung des Rechts und nie mehr als unbedingt nötig einschränken.
  • Eine zentrale Bedeutung hat der Schutz der Menschenwürde insbesondere bei Haft, Verhör, Auslieferung und Ausschaffung, in der Medizin, in Umweltfragen und in der Ausländerpolitik.
  • Nur bei Erdbestattung bestimmt die Einwohnergemeinde den Begräbnisplatz, bei Urnenbestattung besteht freie Wahl.
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BV 8: Rechtsgleichheit

Dieser Artikel besagt:

  • dass alle Personen (ausländische und schweizerische) vor dem Gesetz gleich sind,
  • dass Mann und Frau gleichberechtigt sind.

Keine Person darf aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Rasse, ihres Geschlechts, ihre Alters, ihrer Sprache, ihrer sozialen Stellung, ihrer Lebensform, ihrer religiösen. weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung diskriminiert werden.

Erlaubte und unerlaubte Kriterien

Es geht vornehmlich um ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot, und zwar gleiche Behandlung unter gleichen Voraussetzungen. Man kann nur «Gleiches» mit «Gleichem» vergleichen. «Ungleiches» muss «ungleich» behandelt werden. BV 8 vermag nicht zu verhindern, dass die Kantone im Rahmen ihrer Selbständigkeit ungleiche Regelungen treffen. Beispiele: Steuern, Bemessung von Stipendien. Ausländerinnen und Ausländer haben auf Bundesebene keine politischen und nur eingeschränkt staatsbürgerliche Rechte.

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BV 9: Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben

Das Willkürverbot sichert dem Einzelnen im Umgang mit den Behörden ein Mindestmass an Gerechtigkeit.

Das Willkürverbot richtet sich an die Parlamente und die Regierungen, aber auch an die Gerichte.

Die Wahrung von Treu und Glauben erlaubt es dem Einzelnen, dass er von den Behörden verlangen darf, dass diese das berechtigterweise in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen. Der Schutz von Treu und Glauben gilt für das gesamte Handeln staatlicher Organe.

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BV 10: Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit

  • Das Recht auf Leben schützt vorab den Beginn des Lebens, auch wenn die Gesetzgebung und die Rechtsprechung die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Schutzwirkung des Rechts beginnt, bis heute nicht allgemeingültig beantwortet haben.
  • Bei der Frage, wann das Leben (und damit auch der verfassungsmässige Schutz) endet, stellt das Bundesgericht auf den Hirntod ab.
  • Das Recht auf physische Integrität schützt jede Person gegen alle Angriffe auf den menschlichen Körper. Die Körperstrafe und die Todesstrafe in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten sind ausnahmslos verboten. Die aktive Sterbehilfe ist in jedem Fall untersagt.
  • Das Recht auf physische und psychische Freiheit hat besondere Bedeutung im Bereich der Inhaftierung und des Persönlichkeitsschutzes. Die persönliche Freiheit schliesst auch die Bewegungsfreiheit ein.
  • Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen stellen Eingriffe in die körperliche Integrität dar, die zum Kerngehalt der persönlichen Freiheit gehören.
  • Es darf niemand aufgrund von Schulden inhaftiert werden.

Einschränkungen

  • Rechtmässige Kriegshandlungen können zum Tod eines Menschen führen.
  • Die Polizei kann, wenn es eine Gefahr abzuwenden gilt, im Extremfall den Tod eines Menschen rechtmässig in Kauf nehmen.
  • Wer ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht wird, ist berechtigt, den Angriff abzuwehren (Notwehr, StGB 33).
  • In der Schweiz niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer sind in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Sie können angehalten werden, die Schweiz zu verlassen. Andere Einschränkungen sind möglich, wenn die Rückführung nicht möglich ist z.B. (Internierung).
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BV 11: Schutz der Kinder und Jugendlichen

Jugendliche, aber noch stärker Kinder, sind naturgernäss gefährdet und bedürfen des Schutzes. Gefährdungen können schlechte Einflüsse, Gewalt, Ausnützung usw. sein. BV 11 trägt diesem Umstand Rechnung und betont, dass man die Würde der jungen Menschen achten und schützen muss, damit sie sich gut entwickeln können.

Die Kinder und Jugendlichen haben sogar das Grundrecht, dass man ihre Entwicklung aktiv fördert. Daher besteht unter anderem auch der Anspruch auf Grundschulunterricht als Grundrecht (BV 19).

Problem: Wann ist die «Förderung» der Entwicklung genügend und wann so ungenügend, dass dies Sanktionen nach sich ziehen könnte?

Einschränkungen

  • Kinder und Jugendliche können nur ihrem Alter gernäss und wenn sie urteilsfähig sind, selbständig Rechte ausüben.
  • Kinder und Jugendliche haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den Grundschulunterricht zu besuchen.
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BV 12: Recht auf Hilfe in Notlage

Diese Bestimmung garantiert jeder Person, die in Not ist, eine minimale soziale Unterstützung. Diese Unterstützung ist sowohl

  • materieller Natur (Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind, wie Nahrung, Kleidung, Obdach) als auch
  • persönlicher Natur (Hilfe und Betreuung).

Voraussetzungen

  • Die hilfsbedürftige Person ist nicht mehr in der Lage, für sich selber zu sorgen.
  • Das verfassungsmässige Recht auf Hilfe in Notlage gewährleistet nur, was für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbar ist und vor einer unwürdigen Bettelexistenz zu bewahren vermag.

Man kann aus diesem Recht kein Minimaleinkommen ableiten, das nicht besteuert werden dürfte.

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BV 13: Schutz der Privatsphäre

Privatleben bedeutet:

  • den Anspruch jeder Person, vom Staat nicht an der freien Gestaltung ihres Lebens und ihres Verkehrs mit anderen Personen gehindert zu werden sowie
  • die Respektierung eines persönlichen Geheimbereichs. Das Privatleben ist nicht nur innerhalb privater oder geschlossener Räume geschützt, sondern auch im Freien oder in öffentlichen Räumen.

Die Achtung der Wohnung, des Brief-, des Post- und des Fernmeldegeheimnisses sowie des Datenschutzes werden ausdrücklich in der Verfassung erwähnt.

Staatliche Organe dürfen Personendaten nur bearbeiten, wenn dies notwendig ist, wenn die Bearbeitung zweckgebunden erfolgt und verhältnismässig ist. Der Schutz vor Missbrauch wird durch Einsichts- und Berichtigungsrechte der betroffenen Person sichergestellt.

Einschränkung

Richterliche Behörden dürfen aber etwa zur Aufdeckung von Straftaten anordnen, dass zum Beispiel der Briefverkehr oder Telefongespräche von Tatverdächtigen überwacht oder Wohnungen von der Polizei aufgebrochen werden.

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BV 14: Recht auf Ehe und Familie

Jedermann darf heiraten und eine Familie gründen. Das Recht auf Familiengründung schliesst das Recht ein, Kinder zu haben und zu erziehen, sowie das Recht, Kinder zu adoptieren.

Einschränkungen

  • Heiratsfähig wird man erst mit dem Erreichen der Volljährigkeit, also mit dem vollendeten 18. Altersjahr, sofern man urteilsfähig ist.
  • Als Ehehindernisse nennt ZGB 95 und 96: Verwandtschaft, Stiefkindverhältnis und eine bereits bestehende Ehe einer heiratswilligen Person.
  • Wenn es nach dem Nationalrat geht (Februar 2012), sollen Zwangsheiraten nicht mehr toleriert werden. Bis zu 5 Jahre Haft soll eine Person erhalten, die jemanden mit Gewalt oder Drohung nötigt, eine Ehe einzugehen.
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BV 15: Glaubens- und Gewissensfreiheit

Jede Person hat das Recht,

  • ihre eigene religiöse Überzeugung zu haben und sie kundzutun;
  • sich zu einem bestimmten Glauben zu bekennen;
  • religiöse Gemeinschaften zu bilden;
  • persönliche oder gemeinschaftliche Kultushandlungen vorzunehmen.
  • Persönliche Kultushandlungen sind das Gebet, die Beichte, die Meditation, das Fasten usw.
  • Zu gemeinschaftlichen Kultushandlungen gehören u.a. der Gottesdienst, die Predigt, rituelle Tänze, Prozessionen, das Geläute der Kirchenglocken.

Einschränkungen

  • Die Glaubens- und Gewissensfreiheit darf nicht als Vorwand dienen, die Steuerpflicht nicht zu erfüllen.
  • Niemand kann gezwungen werden, eine religiöse Handlung vorzunehmen, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder dem Religionsunterricht zu folgen. Daraus folgt, dass der obligatorische Religionsunterricht an Schulen verboten ist.
  • Erst mit 16 Jahren kann man die Religionszugehörigkeit selber bestimmen.
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BV 16: Meinungs- und Informationsfreiheit

  • Die Meinungs- und Informationsfreiheit steht allen Personen zu: natürlichen und juristischen, ausländischen und schweizerischen, minderjährigen und volljährigen usw.
  • Der Schutzbereich umfasst die Gesamtheit der «Produkte» oder Mitteilungen menschlichen Denkens, seien es Gefühle, Überlegungen, Meinungen, Beobachtungen von Tatsachen, Informationen oder kommerzielle Werbung.
  • Geschützt sind alle Mittel, die sich zur Kommunikation eignen: das Wort, die Schrift, die künstlerische Form, Kassetten, Filme, Transparente, Lautsprecher, Ansteckknöpfe, Fahnen, sowie Radio und Fernsehen.
  • Die Informationsfreiheit umfasst das Recht, sich frei aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren und Informationen zu verbreiten. Sie umfasst nicht nur die Verbreitung, sondern auch das Recht, Mitteilungen zu empfangen.

Einschränkungen

  • Für Nichtniedergelassene gibt es in Bezug auf politische Reden Beschränkungen der Meinungsäusserungsfreiheit.
  • Die Grenzen zeigen sich vor allem im Persönlichkeitsschutz. Es wird bestraft, wer gegen folgende Artikel im Strafgesetzbuch verstösst:

Beschimpfung (StGB 177)

Ehrverletzung und üble Nachrede (StGB 173)

(Üble Nachrede: Man schädigt jemandem den Ruf bewusst und ohne zwingende Veranlassung durch «wahre» negative Äusserungen, insbesondere hinsichtlich des Privat- und Familienlebens.)

Verleumdung (StGB 174)

(Man schädigt jemandem den Ruf bewusst und wider besseres Wissen eventuell sogar planmässig durch «unwahre» negative Äusserungen, insbesondere zur Ehrenhaftigkeit.)

Rassendiskriminierung (StGB 261bis)

(Man darf u.a. nicht öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufrufen.)

Personen aber, die in irgendeiner Weise im öffentlichen Leben stehen, geniessen einen geringeren Persönlichkeitsschutz (Cabaret, Zeitschriften usw.).

Weitere Einschränkungen sind:

  • Veröffentlichung militärischer Geheimnisse
  • Treue- und Schweigepflicht der Beamtinnen und Beamten, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Ärztinnen und Ärzte usw.
  • Bank-, Post- und Fernmeldegeheimnis
  • Notstandsrecht: Im Interesse der Staatssicherheit und der Neutralität kann der Bundesrat in Krisen- und Kriegszeiten die Pressezensur verhängen.
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BV 17: Medienfreiheit

  • Die Medienfreiheit umfasst die Pressefreiheit, die Radio- und Fernsehfreiheit und andere Formen der öffentlichen und fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen (z.B. das Internet) sowie das Redaktionsgeheimnis.
  • Das Verbot der Zensur gilt für alle Kommunikationsformen der Meinungsäusserung.
  • Die Garantie des Redaktionsgeheimnisses erlaubt es, die journalistischen Quellen zu schützen. Die Justizorgane dürfen keinen Zugriff auf die internen Bereiche der Medien und ihrer Redaktionen haben. Dieser Grundsatz verlangt, dass Redaktorinnen und Redaktoren sowie Journalistinnen und Journalisten ein Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt wird. Ohne diesen Schutz könnten die Informantinnen und Informanten davon abgehalten werden, den Medien zu helfen, sodass diese über geringere Möglichkeiten verfügen würden, genaue und zuverlässige Informationen zu liefern.

Einschränkungen

Die Schranken der Medienfreiheit finden sich beim Schutz der Privatsphäre (BV 13). Der Schutz des Privat- und Familienlebens, der Wohnung, des Briefes, des Post- und des Fernmeldeverkehrs, aber auch der Schutz von Daten müssen beachtet werden.

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BV 18: Sprachenfreiheit

Die Sprachenfreiheit garantiert den Gebrauch der Muttersprache. Darunter fallen sowohl die gesprochene als auch die geschriebene Sprache und die Dialekte. Ferner schliesst der Begriff nicht nur die erste während der Kindheit erlernte Sprache ein, sondern jede weitere Sprache, die jemand beherrscht.

Einschränkungen

  • Im Umgang mit den Bundesbehörden gelten Deutsch, Französisch, Italienisch und im Kanton Graubünden Rätoromanisch als Amtssprachen.
  • Für ein bestimmtes Gebiet kann eine Amtssprache festgelegt werden.
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BV 19: Anspruch auf Grundschulunterricht

Jeder Mensch hat das Anrecht, dass er den Grundschulunterricht besuchen kann. Nur so ist es dem Menschen möglich, sich die notwendige Bildung anzueignen, um sich im Leben zurechtzufinden. Aus dem Besuch des Grundschulunterrichts dürfen keine Kosten erwachsen.

Einschränkung

Gleichzeitig nennt BV 62 die Pflicht, dass der Grundschulunterricht besucht werden muss (siehe S. 138).

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BV 20: Wissenschaftsfreiheit

  • Die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre gibt dem Lehrkörper an den öffentlichen Hochschulen grosse Handlungsfreiheit in Bezug auf die Unterrichtsmethoden und die StoffauswahL
  • Forschungsfreiheit schützt die intellektuelle und methodische Unabhängigkeit der Forschenden vor staatlichen Eingriffen.

Einschränkungen

  • Die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre ist insbesondere eingeschränkt durch Lehrpläne, Prüfungsreglemente, die verfügbare Infrastruktur, die Aufnahmekapazitäten der Hochschule und das Pflichtenheft der Lehrperson.
  • Die Forschungsfreiheit kann zudem eingeschränkt werden durch das Strafrecht (z.B. lebensgefährliche Versuche an geistig Behinderten) und wenn sie im Konflikt steht mit anderen Grundrechten wie der Menschenwürde (z.B. Klonen von Menschen), der persönlichen Freiheit (z.B. unnötige medizinische Eingriffe) oder dem Persönlichkeitsschutz (z .B. Weitergabe medizinischer Daten).
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BV 21: Kunstfreiheit

Die Kunstfreiheit schützt einerseits das Schaffen von Kunst und anderseits die Präsentation von Kunst sowie das Kunstwerk. Sie schützt nicht nur die Kunstschaffenden, sondern auch diejenigen, die Kunst vermitteln, also Galeriebesitzer, Künstleragenten, Buchverleger oder Kinobesitzer.

Die Kunstfreiheit hat vor allem Schutzfunktion gegenüber staatlichen Eingriffen in den Bereich des Kunstschaffens.

Einschränkungen

  • Die Kunstfreiheit gibt keinen individuellen Anspruch auf staatliche Leistungen (nur Duldungsanspruch), sondern ist eine Garantie gegen Zensur.
  • Die Kunst darf die Menschenwürde nicht verletzen (z.B. keine rassistischen oder verrohenden Darstellungen). In diesen Fällen ist die Filmzensur gestattet.
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BV 22: Versammlungsfreiheit

(verfolgt einen beschränkten Zweck und ist häufig ohne Rechtsform)

  • Unter einer Versammlung wird jedes Zusammenkommen mehrerer Menschen während einer bestimmten Zeit und mit dem Zweck, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, verstanden (z.B. für eine Sache demonstrieren).
  • Die Versammlungsfreiheit ist die Voraussetzung zur Ausübung der politischen Rechte (siehe auch BV 34). Sie ermöglicht den Meinungsaustausch und die Willensbildung.
  • Jede Person hat das Recht,
    • eine Versammlung einzuberufen und diese nach eigenem Gutdünken zu gestalten,
    • sich mit anderen zu versammeln, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen oder zu erreichen, Meinungen auszutauschen und diese der Öffentlichkeit kundzutun.
  • Die Versammlungsfreiheit schützt nicht nur politische, sondern auch freundschaftliche, wissenschaftliche, künstlerische, sportliche oder unterhaltende Zusammenkünfte.
  • Auch Demonstrationen werden vom Schutzbereich der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der Versammlungsfreiheit erfasst.

Einschränkungen

  • Die Versammlungsfreiheit kann nur für friedliche Versammlungen und Demonstrationen angerufen werden.
  • Versammlungen auf öffentlichem Grund können für bewilligungspflichtig erklärt werden (damit z.B. verschiedene Versammlungen einander nicht stören).
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BV 23: Vereinigungsfreiheit

(ehemals Vereinsfreiheit; verfolgt eine längerfristige Zielsetzung und die Aktivitäten sind vielfältig)

  • Die Vereinigungsfreiheit umfasst das Recht,
    • Vereine zu bilden oder sie aufzulösen,
    • Vereinen beizutreten, anzugehören und sich an den Vereinsaktivitäten zu beteiligen.
  • Anderseits schliesst sie auch das Recht ein, einem Verein nicht beitreten zu müssen oder ihn verlassen zu können.
  • Der Geltungsbereich beschränkt sich auf natürliche Personen, gilt aber auch für Ausländerinnen und Ausländer.

Einschränkungen

  • StGB 275ter verbietet die Gründung oder die Zugehörigkeit zu einer rechtswidrigen Vereinigung.
  • Die Vereinigungsfreiheit kann nicht für den Schutz krimineller Taten beansprucht werden.
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BV 24: Niederlassungsfreiheit

BV 24 garantiert ausdrücklich nur den Schweizerinnen und Schweizern das Recht, sich an irgendeinem Ort des Landes niederzulassen und aus der Schweiz aus- und jederzeit ungehindert wieder einzureisen. Daraus ergibt sich, dass Gemeinden und Kantone einerseits verpflichtet sind, Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu gestatten, sich auf ihrem Hoheitsgebiet niederzulassen. Andererseits ist es den Gemeinwesen untersagt, den Wegzug in eine andere Gemeinde oder in einen anderen Kanton zu verhindern oder zu erschweren.

Einschränkungen

  • Ausländerinnen und Ausländern steht dieses Recht erst zu mit der Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Ausweis C).
  • Den der Asylgesetzgebung unterworfenen Ausländerinnen und Ausländern steht die Niederlassungsfreiheit nicht zu.
  • Beamtinnen und Beamte sowie Lehrerinnen und Lehrer können verpflichtet werden, in jener Gemeinde zu wohnen, in deren Dienst sie stehen.
  • Man muss sich innerhalb einer bestimmten Frist am neuen Wohnort anmelden. (Die Frist ist kantonal geregelt, im Kanton Luzern z. B. innert 10 Tagen.)
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BV 25: Schutz vor Ausweisung, Auslieferung, Ausschaffung

1. Ausweisung bedeutet:

Der Staat (ein Gericht) verpflichtet eine Person verbindlich, die Schweiz zu verlassen. Die Ausweisung ist regelmässig mit einem Rückkehrverbot verbunden. Es steht der Verwaltung aber frei, zu einem späteren Zeitpunkt eine Einreise wieder zu bewilligen.
Einschränkung
Schweizer Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht aus der Schweiz gewiesen werden.

2. Auslieferung bedeutet:

Eine ausländische Behörde ersucht die Schweiz, ihr eine Person aufgrund einer Strafverfolgung oder für den Strafvollzug auszuliefern.
Einschränkungen
- Gernäss Rechtshilfegesetz darf eine Auslieferung nur erfolgen, wenn Gewähr besteht, dass ein allfälliges Todesurteil nicht vollstreckt wird. - Die Auslieferung straffälliger Personen mit Schweizer Bürgerrecht darf nur mit dem Einverständnis der betroffenen Person erfolgen. Gernäss StGB 6 werden straffällige Schweizerinnen und Schweizer, welche in der Schweiz für eine im Ausland begangene Tat verfolgt werden, in der Schweiz abgeurteilt und verbüssen hier ihre Strafe, sofern die Tat auch in der Schweiz strafbar ist.

3. Ausschaffung

...ist der zwangsweise Vollzug einer Ausweisung. (Bei Avsschaffung in denjenigen Staat, aus dem die Person in die Schweiz eingereist ist, spricht man von Rückschaffung.)
Einschränkungen
- Die Rückschaffung ist dann verboten, wenn einer Person Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. - Flüchtlinge dürfen nicht in ein Land zurückgeschafft werden, in dem sie anschliessend verfolgt werden.

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BV 26: Eigentumsgarantie

  • Das Privateigentum ist geschützt.
  • Die Eigentumsgarantie schützt unter anderen auch den Besitz an einer Sache sowie die Rechte des geistigen Eigentums.

Einschränkung

Der Staat kann, sofern ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, Enteignungen vornehmen, muss aber eine Entschädigung oder gleichwertigen Ersatz leisten. Beispiele: Enteignungen beim Bau der Nationalstrassen und bei der Realisierung der Bahn 2000.

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BV 27: Wirtschaftsfreiheit

(ehemals Handels- und Gewerbefreiheit)

  • Unter die Wirtschaftsfreiheit fällt:
    • die freie Wahl des Berufes,
    • die freie Wahl des Arbeitsplatzes sowie
    • die freie Ausübung des Berufes.
  • Im Kern garantiert die Wirtschaftsfreiheit
    • die Handels- und Gewerbefreiheit,
    • die Freiheit der privatwirtschaftliehen Erwerbstätigkeit (die Unternehmerische Freiheit) sowie
    • die Vertragsfreiheit.
  • Darüber hinaus spricht sich die BV für eine grundsätzlich staatsfreie Wirtschaftsordnung aus, die auf dem Gedanken der Privatautonomie beruht und sich an marktwirtschaftliehen Prinzipien orientiert:
    • für ein System des freien Wettbewerbs,
    • für die Wettbewerbsneutralität staatlichen Handeins (z.B. darf der Staat Grossaufträge nicht systematisch der gleichen Firma erteilen.),
    • für den Grundsatz der Einheit des schweizerischen Wirtschaftsraumes (z.B. Verbot der Binnenzölle).

Dem Staat ist es untersagt, Massnahmen zu treffen, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige zu sichern oder zu begünstigen bzw. um das Wirtschaftsleben nach einem festen Plan zu lenken.

Einschränkungen

  • Als Einschränkungen gelten alle Massnahmen, die getroffen werden:
    • zum Schutz des Lebens und der Gesundheit,
    • zum Schutz sogenannter Polizeigüter (besonders öffentliche Sittlichkeit, Treu und Glauben im Geschäftsverkehr),
    • zur Raumplanung, zur Energiepolitik und zur Umweltpolitik,
    • zur Verhinderung des unlauteren Wettbewerbs.
  • Erst wenn Ausländerinnen und Ausländer die Niederlassungsbewilligung erhalten haben, steht ihnen die Wirtschaftsfreiheit ebenfalls zu.

  • Weitere Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit sind:

    • Monopole: Alleinrechte des Bundes (z.B. Zoll, Münzen und Banknoten)
    • Regale: Alleinrechte der Kantone (z.B. Jagd und Fischerei)
    • Konzessionen: Genehmigungen durch den Bund (z.B. Radio und Fernsehen, Bahnen)
    • Patente: Ermächtigungen, verliehen durch die Kantone (an Lehrerinnen und Lehrer, Ärztinnen und Ärzte usw.
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BV 28: Koalitionsfreiheit

  • Die Koalitionsfreiheit garantiert den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern das Recht, sich zusammenzuschliessen, Vereinigungen zu bilden (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände usw.) und ihre Aktivitäten frei auszuüben, um ihre Interessen zu schützen und ihre Arbeitsbedingungen zu wahren.
  • Jedem Individuum ist es gestattet, einer solchen Vereinigung beizutreten, ihr fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vergleiche auch BV 23: Vereinigungsfreiheit).
  • Die Koalitionsfreiheit lässt auch arbeitsrechtliche Kampfmassnahmen zu, nämlich den Streik der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Aussperrung der Arbeitnehmerschaft durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Diese kollektiven Kampfmassnahmen sind nur als allerletztes Mittel zulässig, d.h. vorgängig müssen die Konfliktparteien eine Lösung auf dem Weg der Verhandlung oder Vermittlung suchen.

Einschränkungen

  • Obwohl nach Absatz 3 «Streik und Aussperrung zulässig» sind und im Kapitel der Grundrechte erscheinen, garantieren sie kein einklagbares Recht.
  • Ein Streik ist nur unter 4 Bedingungen zulässig:
    • Der Streik muss von einer Arbeitnehmerorganisation (z.B. dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund, SGB) getragen sein. «Wilde» Streiks geniessen keinen Rechtsschutz.
    • Der Streik muss sich auf das Arbeitsverhältnis beziehen. Somit ist ein «politischer» Streik, womit Druck auf die Behörden und nicht auf die Arbeitgeberschaft ausgeübt wird, nicht zulässig.
    • Der Streik darf eine Pflicht zur Wahrung des Arbeitsfriedens nicht verletzen. Das heisst, wenn es sich um Gegenstände handelt, die im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geregelt sind, muss auf jede Kampfmassnahme verzichtet werden.
    • Der Streik muss verhältnismässig sein. Während der ersten 45 Tage eines Einigungs- oder Schiedsverfahrens ist jede Kampfmassnahme zum Schutz des sozialen Friedens verboten.
  • Das Recht auf Aussperrung ist grundsätzlich nur als Reaktion auf einen schon laufenden Streik zulässig.
  • Der Gesetzgeber kann bestimmten Kategorien von Personen (z.B. den Beamtinnen und Beamten) den Streik verbieten, um den öffentlichen Dienst in einem gewissen Mindestmass sicherzustellen. Gernäss Bundesgericht darf ein Streik wichtige Bereiche des öffentlichen Dienstes nicht lahmlegen (z.B. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Vermögensschutz, Feuerbekämpfung oder die Pflege von Kranken in Spitälern).
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BV 29: Allgemeine Verfahrensgarantien

Artikel 29 gewährt allgemeine Verfahrensrechte, die in Gerichts· und Verwaltungsverfahren zur Anwendung kommen.

Rechtsweggarantie

Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, in praktisch allen Rechtsstreitigkeiten an ein unabhängiges Gericht zu gelangen.

  • Verboten sind:
    • die Rechtsverweigerung (Die zuständige Gerichts- oder Verwaltungsbehörde bleibt gänzlich untätig.)
    • die Rechtsverzögerung (Entscheide werden z.B. nicht innert angemessener Frist getroffen.)
    • der überspitzte Formalismus (Der rechtsuchenden Person wird durch übertriebene formelle Anforderungen der Rechtsweg erschwert oder versperrt.)
  • Jedermann hat Anspruch auf rechtliches Gehör (Recht auf vorgängige Orientierung, auf Akteneinsicht sowie auf Anhörung, Prüfung und Begründung des Entscheids).
  • Jedermann hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege (oder auf den unentgeltlichen Beistand eines Dolmetschers).
  • Eine beschuldigte Person kann sich jederzeit verteidigen lassen. In besonderen Fällen ist eine Verteidigung sogar obligatorisch, z.B. ab 10 Tagen ununterbrochener Untersuchungshaft oder wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht. In diesen Fällen sorgt der Staat dafür, dass die beschuldigte Person rechtzeitig eine Verteidigung erhält. Dies selbst dann, wenn die beschuldigte Person darauf verzichtet und sich selber verteidigen will.

Einschränkungen

  • Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege haben nur bedürftige Personen.
  • Deren Verfahren darf nicht zum Vornherein aussichtslos sein.
  • Ein Verfahren muss geradezu nötig sein, damit der Rechtsanspruch durchgesetzt werden kann.
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BV 30: Gerichtliche Verfahren

  • Die Rechtsfindung beim Gerichtsverfahren soll durch Gerichte erfolgen, welche gernäss Gesetz dafür zuständig sind.
  • Dabei soll garantiert sein, dass die Richterinnen und Richter unabhängig und unparteiisch sind.
  • Gerichte, die nur für einen bestimmten Fall zusammengestellt werden und im Gesetz nicht vorgesehen sind, nennt man Ausnahmegerichte. Sie sind verboten.
  • Bestimmt das Gesetz im Zivilfall keinen anderen Gerichtsstand, so gilt der Wohnsitz der beklagten Person als Gerichtsstand.
  • Grundsätzlich sind Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung öffentlich.

Einschränkungen

  • Die Beratung zur Urteilsfindung durch das Gericht ist nicht öffentlich.
  • Zum Schutz privater Interessen (Beispiel: Opfer einer Vergewaltigung) oder zum Schutz öffentlicher Interessen (Beispiel: Verrat militärischer oder wirtschaftlicher Geheimnisse) kann die Gerichtsverhandlung und die Urteilsverkündung geheim erfolgen.
  • Vertragsparteien vereinbaren in ihrem Vertrag einen anderen Gerichtsstand (Gerichtsort) als der vom Gesetz vorgesehene.
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BV 31: Freiheitsentzug

In diesem Artikel geht es letztlich um die Konkretisierung

  • des Anspruchs auf rechtliches Gehör (siehe BV 7 Menschenwürde) sowie
  • des Grundrechts der persönlichen Freiheit (BV 10).

Voraussetzungen

  • Ein Freiheitsentzug ist nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. Die Polizei kann eine Person vorläufig festnehmen, wenn diese bei der Begehung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat ertappt wird oder wenn die Person zur Verhaftung ausgeschrieben ist.

  • Kann polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig herbeigerufen werden, dürfen Private eine Person vorläufig festnehmen, wenn sie diese auf frischer Tat ertappen oder die Öffentlichkeit zur Mithilfe bei deren Fahndung aufgefordert worden ist. In diesem Fall muss die festgenommene Person so rasch als möglich der Polizei übergeben werden.

  • Die Polizei muss eine festgenommene Person nach spätestens 24 Stunden entlassen oder sie der Staatsanwaltschaft zuführen. Diese kann innert 48 Stunden seit der Festnahme beim Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Untersuchungshaft beantragen.

  • Das Zwangsmassnahmengericht wird die Untersuchungshaft anordnen, wenn

    • Fluchtgefahr,
    • Verdunkelungsgefahr oder
    • Wiederholungsgefahr besteht.
  • Die beschuldigte Person kann bei der Staatsanwaltschaft jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen. Lehnt die Staatsanwaltschaft das Gesuch ab, entscheidet das Zwangsmassnahmengericht über das Gesuch.

  • Wurde die Haftdauer durch das Zwangsmassnahmengericht nicht beschränkt, muss die Staatsanwaltschaft vor Ablauf von drei Monaten Haft ein Haftverlängerungsgesuch stellen. Die Verlängerung der Untersuchungshaft wird durch das Zwangsmassnahmengericht jeweils für längstens 3 Monate (in Ausnahmefällen 6 Monate) bewilligt.

  • Die Untersuchungshaft endet mit der Entlassung der beschuldigten Person während der Untersuchung, mit dem Eingang der Anklage beim erstinstanzliehen Gericht oder dem vorzeitigen Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion.

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BV 32: Strafverfahren

  • Grundsatz der Unschuldsvermutung:
    Bis zum Nachweis ihrer Schuld gilt die beschuldigte Person als unschuldig.

  • Beweislast:
    Es ist Sache der Strafverfolgungsbehörde, die Schuld nachzuweisen (Die Beweislast liegt bei der Staatsanwaltschaft).

  • ln dubio pro reo:
    Hat eine Richterin oder ein Richter «nicht zu unterdrückende Zweifel an der Täterschaft der beschuldigten Person» (z.B. Lücke in der Indizienkette), muss die beschuldigte Person freigesprochen werden.

  • Anspruch auf faires Verfahren:
    Es ist verboten:

    • Äusserungen zu machen, die auf eine Vorverurteilung der beschuldigten Person hinauslaufen
    • Äusserungen zu machen, die Zweifel an der Unschuld einer freigesprochenen Person aufkommen lassen.
  • Recht auf Verteidigung
    Der beschuldigten Person muss ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung eingeräumt werden. Sie hat zudem das Recht, sich selbst zu verteidigen, einen Wahlverteidiger zu bestellen oder gegebenenfalls einen amtlichen Verteidiger zu erhalten. An die Belastungszeugen darf sie Fragen stellen oder Fragen stellen lassen. Sofern notwendig ist der beschuldigten Person unentgeltlich ein Dolmetscher zur Verfügung zu stellen.

  • Recht auf einen Instanzenweg Jede strafrechtlich verurteilte Person hat das Recht, das Urteil durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen.

Einschränkung

Urteile, welche erstinstanzlieh vom Bundesgericht gefällt wurden (z.B. Magistratendelikte), können an kein höheres Gericht weitergezogen werden.

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BV 33: Petitionsrecht

Jedermann hat das Recht, jederzeit den kommunalen, kantonalen oder eidgenössischen Behörden Bittschriften, Gesuche, Vorschläge, Kritiken oder Beschwerden einzureichen, ohne deswegen Unannehmlichkeiten oder rechtliche Nachteile irgendwelcher Art (etwa die Verschärfung der Haftbedingungen eines inhaftierten Petitionärs) befürchten zu müssen.

Einschränkung

Grundsätzlich wäre die Behörde nur verpflichtet, von der Petition Kenntnis zu nehmen und sie entgegenzunehmen. Die Praxis der Behörden geht in der Regel aber über die Verpflichtung der blossen Kenntnisnahme hinaus. So sehen die politischen Behörden des Bundes vor, dass an die Bundesversammlung, den Bundesrat oder die Bundesverwaltung gerichtete Petitionen zu beantworten sind.

Im Kanton Zürich z.B. sind die Behörden verpflichtet, Petitionen zu prüfen und innert 6 Monaten dazu Stellung zu nehmen.

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BV 59: Militärdienst oder ziviler Ersatzdienst

  • Schweizer Männer sind verpflichtet, Militärdienst oder einen zivilen Ersatzdienst zu leisten, der anderthalbmal so lange dauert wie der Militärdienst.
  • Nicht geleisteter Militärdienst oder nicht geleisteter ziviler Ersatzdienst löst die Pflicht zur Zahlung von Militärpflichtersatz aus.
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BV 61: Dienst im Zivilschutz

  • Wer aus gesundheitlichen oder anderen Gründen keinen Militärdienst absolvieren kann, ist verpflichtet, Dienst im Zivilschutz zu leisten.
  • Frauen können freiwillig Militärdienst oder Dienst im Zivilschutz leisten.
  • Wer Militärdienst, zivilen Ersatzdienst oder im .Zivilschutz Dienst leistet, hat Anspruch auf Erwerbsausfallsentschädigung (EO).
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BV 62: Grundschulpflicht

  • Mit dem Grundschulobligatorium wird sichergestellt, dass jedes Kind in den Genuss einer Grundschulbildung kommt.
  • Die Schulen fallen grundsätzlich in die alleinige Kompetenz der Kantone (kantonale Schulhoheit).
  • Der Grundschulunterricht muss unter staatlicher Leitung und Aufsicht stehen.
  • An öffentlichen Schulen ist der Schulbesuch für alle Einwohnerinnen und Einwohner unentgeltlich, unabhängig von der Staatszugehörigkeit
  • Der Schuljahresbeginn für die obligatorische Schulpflicht ist verbindlich auf den Herbst festgelegt.
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BV 128: Steuerpflicht

Dem Recht des Staates, Steuern zu erheben, entspricht automatisch die Pflicht seiner Bürger, Steuern zu bezahlen. Jedermann, der ein Einkommen erzielt oder Vermögen hat, soll die Lasten der Öffentlichkeit tragen helfen.